11. November 2020
Das Forschungsprojekt findet in Zusammenarbeit mit der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) statt. Der praktische Teil begann im Frühjahr 2019 im AGAPLESION MARKUS KRANKENHAUS in Frankfurt am Main und wurde dann in Hamburg ausgeweitet. Hierfür kommen spezielle Sensoren zum Einsatz.
"Gerade hochbetagte Menschen haben ein erhöhtes Sturzrisiko. Daher führen wir bei unseren Patient:innen im Rahmen der Studie schon bei der Aufnahme eine Ganganalyse durch", sagt der Chefarzt der Medizinisch-Geriatrischen Klinik Dr. med. Matthias Müller-Schulz. Die Sensoren werden in speziell angefertigte orthopädische Schuhe integriert und messen unter anderem Schrittdauer, Schrittlänge und Auftrittswinkel des:r Patient:in. Diese Ganganalyse erfolgt bei der Aufnahme und möglichst kurz vor der Entlassung des:r Patient:in. Die dabei aufgezeichneten Daten werden anonymisiert an die FAU weitergeleitet und dort von Wissenschaftler:innen ausgewertet.
Die Sensoren im Schuh sollen weitaus genauer und objektiver feststellen, ob ein:e Patient:in sturzgefährdet ist, als das ärztliche Personal oder die Physiotherapeut:innen bei einer analogen Untersuchung. „Außerdem werden anonymisierte Datenmengen (Big Data) gesammelt. So können allgemeine Rückschlüsse für die Verbesserung geriatrischer Patient:innen getroffen werden", erklärt Prof. Dr. Björn Eskofier vom Lehrstuhl für Maschinelles Lernen und Datenanalytik der FAU. Auf lange Sicht gesehen sollen durch die Auswertung der Datenmengen Erkenntnisse über den Einfluss von Alter, Geschlecht und Vorerkrankungen auf das Sturzrisiko gezogen werden. Darüber hinaus erhoffen sich die Wissenschaftler:innen, die Wirksamkeit von Therapien mit Hilfe der Sensoren messen zu können. "Durch die Erhebung der Daten zu Beginn und zum Ende des Krankenhausaufenthaltes soll die Behandlungsqualität objektiv auswertbar werden", sagt Dr. med. Matthias Müller-Schulz, der den funktionsorientierten Ansatz des Forschungsprojekts begrüßt.
Für Dr. Markus Horneber, Vorstandsvorsitzender AGAPLESION gAG, passt das Projekt sehr gut in die konzernweite Digitalstrategie. Die große Herausforderung bei der Ganganalyse sieht er darin, aus den Daten Algorithmen zu entwickeln, die ein Sturzrisiko verlässlich voraussagen (Predictive Analytics). "Perspektivisch müssen neben den Ergebnissen aus dem Krankenhaus weitere Daten erfasst werden", betont er. "Denn viele Unfälle und Stürze passieren im Alltag." Home Monitoring im häuslichen Umfeld ist aus seiner Sicht unverzichtbar, um ein umfassendes Bild zu erhalten. Das Forschungsprojekt ist als Langzeitstudie angelegt und wird mindestens zwei Jahre in Anspruch nehmen.
Ein kurzes Video mit den Sensoren im Einsatz können Sie hier ansehen.