19. Februar 2020
Julian Angern: Zunächst erfolgen ein Informationsgespräch und eine umfassende Diagnostik an einer teilnehmenden Klinik. Derzeit können Patienten Invirto am Zentrum für Integrative Psychiatrie (ZiP) des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein (UKSH) mit Sitz in Kiel und Lübeck verschrieben bekommen. Weitere Kliniken haben uns signalisiert, dass sie ebenfalls teilnehmen wollen.
Nach der Diagnostik erhalten Patienten Zugang zur Invirto-App, mit der sie lernen, ihre Angst zu bewältigen. Wir bieten die wichtigsten angstauslösenden Situationen wie Aufzug- und U-Bahnfahrten an. Dafür genügen schon wenige Situationen, denn sie sind universell für die meisten Angstpatienten gültig.
Diese erfährt man durch eine Virtual-Reality-Brille und macht so neue Erfahrungen mit der Angst. Die Patienten werden dabei nicht alleine gelassen: Während und nach der Therapie werden sie telefonisch von approbierten Therapeuten begleitet. Der Zugriff auf App, Kursmaterial und VR-Brille bleiben auch nach dem Abschluss bestehen, sodass der Patient seinen Behandlungserfolg festigen kann.
Julian Angern: Digitale Psychotherapie nutzt letztlich genau die gleichen therapeutischen Techniken und Wirkfaktoren wie eine klassische Therapie mit regelmäßigen Sitzungen. Es ist quasi eine Psychotherapie „in anderem Gewand“ – die gleichen wissenschaftlich als wirksam erwiesenen Inhalte, die einem Behandlungsmanual und einer Behandlungsleitlinie folgen.
Das Setting einer digitalen Therapie, die zu großen Teilen zuhause durchgeführt werden kann, bringt zudem einige große Vorteile mit sich: Patienten müssen eben nicht zu regelmäßigen Sitzungen anreisen, sondern können sich im eigenen Tempo und mit beliebig vielen Wiederholungen mit den Inhalten auseinandersetzen. Die Inhalte sind auch außerhalb des Therapiezimmers und vor allem nach einem Abschluss der Behandlung verfügbar.
Eines der größten Versorgungsprobleme, die der unbestreitbar großartigen Wirkung von klassischer Psychotherapie im Weg stehen, sind ja Barrieren wie Anfahrt, Wartezeiten und regelmäßige Termine! Die therapeutische Begleitung ist natürlich ein weiterer nicht zu unterschätzender Wirkfaktor, der bei der Invirto-Therapie aber bewusst beim Therapeuten oder der Therapeutin verbleibt. Insgesamt stellt die Invirto-Therapie ein digitales Abbild einer Psychotherapie in einem anderen Setting dar.
Julian Angern: Invirto basiert auf einer kognitiven Verhaltenstherapie mit einem Expositionstraining, eines von drei verschiedenen Verfahren, die für Angststörungen als wirksam anerkannt sind. Patienten vermeiden alles, um keine Angst zu haben: Situationen, Orte, Körperempfindungen. Das schränkt ihren Alltag und ihr Leben ungemein ein. Das ständige Vermeiden führt dazu, dass sie keine korrigierenden Erfahrungen mit den angstauslösenden Reizen machen und sich die Assoziation der Angst mit den eigentlich ungefährlichen Reizen nicht auflöst.
Das Kernstück der Behandlung – das Expositionstraining – erlaubt den Patienten in einer durch therapeutische Prinzipien geleiteten Konfrontation mit den angstauslösenden Reizen, sich den Ängsten zu stellen und neue Erfahrungen zu machen. So bauen Patienten Vermeidungsverhalten ab, reduzieren die belastenden Symptome der Angst und können Lebensqualität zurückgewinnen.
Heutzutage nutzt man die Virtual Reality (VR), um angstbesetzte Situationen zu simulieren. Wissenschaftliche Studien belegen, dass sie den gleichen Effekt haben wie die Expositionstherapie in der Realität.
Julian Angern: Invirto bietet mehr als 12 Stunden digitale therapeutische Inhalte in acht Kurseinheiten an.
Die Therapie kann als Intensivkurs in durchschnittlich vier Wochen absolviert werden. Wer weniger Zeit hat, sollte zwischen vier bis acht Wochen einplanen.
Letztlich können Patientinnen selbst entscheiden, wie viel Zeit sie mit der Behandlung verbringen – das ist ja auch ein großer Vorteil!
Christian Angern: Die Techniker Krankenkasse (TK) erstattet die Invirto-Therapie vollständig, weitere Krankenkassen wollen folgen. Durch Presseartikel sind viele interessierte Behandler und Kassen an uns herangetreten und sehr an einer Zusammenarbeit interessiert. Zudem gehen wir gezielt auf Kassen, Therapeuten und Kliniken zu. Patienten, die Interesse an unserer Therapie haben, sollten ihre Therapeutin auf unsere App hinweisen, falls dieser sie noch nicht kennt. Er kann sich dann an uns wenden und Informationen einholen.
Benedikt Reinke: Die Wartelisten für Therapieplätze sind lang und Fachleute schätzen an unserem CE-zertifizierten Medizinprodukt, dass es sich vollständig an geltenden Behandlungsrichtlinien und wissenschaftlich erprobten Behandlungsmanualen orientiert. Alle Inhalte wurden gemeinsam mit Psychotherapeuten und Ärztinnen zusammengestellt, die langjährige Erfahrung in der Behandlung von Angststörungen haben. Fachleute können auf unsere App zurückgreifen, anstatt Patienten abzuweisen oder unzureichend zu versorgen.
Die Gründer des Start-up Sympatient Christian Angern, Julian Angern, Benedikt Reinke (v.l.n.r) haben die App Invirto für Menschen mit Angststörungen entwickelt.
AGAPLESION hat bereits Ende 2017 die Entwicklung der App mit einem Gründerstipendium für Sympatient unterstützt.
Jetzt verbucht das Start-up einen tollen Erfolg: Für ihre Versicherten bietet die Techniker Krankenkasse Invirto ab sofort als Kassenleistung an.
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