03. Februar 2022
„Du bist aber depressiv“ – das ist schnell gesagt, aber hinter der Erkrankung Depression steckt mehr. Sie bedeutet etwas anderes als eine kurzfristige Stimmungsschwankung, die jeder kennt und erlebt. Um mit Vorurteilen und vorschnellen Schlüssen zur Volkskrankheit „Depression“ aufzuräumen, gibt Prof. Dr. med. Carsten Konrad Auskunft. Er ist der Chefarzt der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie im Zentrum für Psychosoziale Medizin im Agaplesion Diakonieklinikum Rotenburg.
Wie unterscheiden sich eine depressive Verstimmung und die Erkrankung an einer Depression tatsächlich vom „Deprimiert sein“?
Traurigkeit, Antriebslosigkeit und Erschöpfung gehören jede für sich zu den ganz normalen psychischen Phänomenen, die kommen und in der Regel auch wieder gehen. Doch wenn die Symptome gemeinsam auftreten und ggf. mit weiteren Symptomen einhergehen, außerdem nicht von selbst verschwinden, der Weg aus der Krise nicht mehr allein zu bewältigen ist, dann kann es sich um eine depressive Episode handeln. Quälende innere Traurigkeit, Leere, Hoffnungs- und Antriebslosigkeit, Angst, Grübeln über problematische Themen, frühmorgendliches Erwachen, Appetitlosigkeit und Gewichtsverlust, Libidoverlust, Konzentrationsstörungen sowie verschiedenste körperliche Beschwerden können als Folge vielfältiger Stressoren auftreten und in Kombination mit der individuellen Verletzlichkeit jedes Einzelnen zu starkem Leid der Betroffenen führen. Deshalb sollten Betroffene sich im ersten Schritt hausärztliche und danach ggf. fachärztliche Hilfe suchen und sich nicht scheuen, diese anzunehmen.
Wie entsteht eine Depression und was können mögliche Vorboten oder Symptome sein?
Als ein Auslöser einer Depression gilt die Summe der Lebensereignisse – dazu zählen frühkindliche Ereignisse, Schicksalsschläge, aber auch stresshafte, positive Ereignisse. Die Schwelle, ab der die Summe an Lebensereignissen zu einer Depression führt, ist dabei sehr individuell. Eine Depression äußert sich häufig auch in körperlichen Symptomen wie beispielsweise Schlafstörungen, Appetitstörungen oder Schmerzen. Betroffene sollten sich medizinische Hilfe suchen, wenn das alltägliche Leben eingeschränkt wird, das eigene Verhalten Einfluss auf das soziale Leben nimmt und eine Erholung aus eigener Kraft unmöglich scheint. Ein Arztbesuch ist unumgänglich, wenn die eigene Gefühlswelt sich verändert und Lachen beispielsweise unmöglich wird. Dringend hilfsbedürftig sind Menschen, die keine Perspektive im Leben mehr sehen oder gar an Selbsttötung (Suizid) denken.
Welche Behandlung und Therapien helfen auf dem Weg aus einer Depression?
Die Behandlungsmöglichkeiten sind inzwischen vielfältig und kombinierbar. Die Strategie der Depressionsbehandlung folgt einem Stufenplan mit einfachen Interventionen am Anfang und zunehmend komplexeren Interventionen bei zunehmender Hartnäckigkeit der Symptome, sodass man für jeden Einzelfall eine individuelle Therapie finden kann. Denn: Eine Depression ist eine behandelbare Erkrankung! Die Therapie basiert auf verschiedenen Säulen – darunter Psychotherapie, Wachtherapie, Schlafentzugstherapie, Lichttherapie oder psychosoziale Therapien. Bei mittelschweren und schweren depressiven Episoden kommen Medikamente wie Antidepressiva zum Einsatz, so dass eine Rückkehr in den Ausgangszustand als lebensfreudiger, geselliger, fröhlicher Mensch möglich wird.
Prof. Dr. med. Carsten Konrad, Chefarzt der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, Facharzt für Neurologie am AGAPLESION DIAKONIEKLINIKUM ROTENBURG. Weitere Informationen finden Sie auf der Seite des Zentrums für Psychosoziale Medizin.
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