08. August 2024
Zwischen den Wirbelkörpern liegt fast überall eine Bandscheibe. Zusammen mit den Wirbelgelenken ergibt sich damit die Beweglichkeit der Wirbelelemente. Das Rückenmark führt die Nerven für Arme, Brustkorb, Becken und Beine. Die jeweiligen Nerven werden in verschiedenen Höhen vom Rückenmark aus der Wirbelsäule abgegeben; aus der Halswirbelsäule die Nerven der Arme, aus der Lendenwirbelsäule die Nerven der Beine. In der einen Richtung geben diese Nerven Befehle an die Muskeln weiter und in die andere Richtung leiten sie Empfindungsreize wie Tasten, Temperaturempfindungen und Schmerz.
Welche Krankheitsbilder gibt es?
Wirbelbrüche können durch Unfälle, Osteoporose und Metastasen entstehen. Das kann zumindest erhebliche Schmerzen zur Folge haben, die im besten Fall nach einigen Wochen bzw. wenigen Monaten mit der Bruchheilung wieder verschwinden können.
Es gibt jedoch auch viele Situationen, in denen die Brüche zur Instabilität führen und damit eine Buckelbildung, eine dauerhafte Instabilität oder sogar eine Verletzung oder Einengung des Rückenmarks und dessen Nervenfasern nach sich ziehen. Dies bringt schwerwiegende Folgen mit sich, die durch geeignete Maßnahmen vermieden werden können.
Ob ein nicht-operatives Vorgehen, eine Zementierung des gebrochenen Wirbels oder eine Versteifung mehrerer Wirbel sinnvoll ist, hängt von der Form des Bruches und mehreren weiteren Faktoren ab. Jede Wirbelverletzung sollte daher von einer:einem Fachärzt:in gesehen und beurteilt werden, die:der sich mit den verschiedenen Therapiemöglichkeiten an der Wirbelsäule auskennt. Denn es müssen nicht nur die Entscheidungen für die akute Behandlung der Wirbelbrüche getroffen, sondern auch die notwendigen Nachbehandlungen, z. B. zur Therapie der Osteoporose oder der Metastasen, eingeleitet werden.
Der Verschleiß der Wirbelelemente ist etwas, das zu unserem Leben dazugehört. Dieser Verschleiß betrifft die Bandscheiben und Wirbelgelenke ebenso wie Knie- oder Hüftgelenke. Der Verschleiß ist im Gegensatz zu Brüchen ein langsamer Prozess, zumeist über Jahre und Jahrzehnte. In diesem Prozess wechseln Phasen mit wenigen Beschwerden und Phasen mit vielen Schmerzen einander ab. Das können Verspannungen, Rückenschmerzen oder der „Hexenschuss“ sein.
Die erste Wahl der Therapie sind in der akuten Schmerzphase Schmerzmedikamente, Schonung und Wärme. Im Weiteren sollten sich dann nach krankengymnastischer Anleitung tägliche Eigenübungen zur Kräftigung der Rücken- und Rumpfmuskulatur anschließen. Die Wirbelsäule hält sich nicht alleine, sondern sie wird gehalten durch ein „Korsett“ von Muskeln. Sind diese gut trainiert und wissen diese, wie sie arbeiten sollen, können viele Verschleißbeschwerden vermieden werden.
Einengungen im Wirbelkanal und damit eine Einengung des Rückenmarks oder der Nerven können durch langsame Verschleißerscheinungen entstehen. Dabei baut der Körper Knochen im Bereich der Wirbelgelenke oder auch rund um die Bandscheiben ab. Auch die Vorwölbung der Bandscheiben kann die Engen verursachen. Auf Dauer können Nacken- und Armschmerzen (ausgehend von der Halswirbelsäule) oder Rücken- und Beinschmerzen (ausgehend von der Lendenwirbelsäule) entstehen. In schwerwiegenden Fällen hat die Einengung der Nerven sogar Kraftschwächen, Einschränkungen der Gehstrecke oder Lähmungserscheinungen zur Folge.
Der Bandscheibenvorfall ist zumeist auch eine Form des Verschleißes, bei dem in kurzer Zeit verschlissenes Material aus dem Bandscheibenraum austritt. Solange weder in den Beinen noch in den Armen dauerhafte, ausstrahlende Schmerzen oder gar Kraftlosigkeiten vorhanden sind, bedarf diese Situation zumeist keiner chirurgischen Maßnahme.
Sind jedoch, bedingt durch den Kontakt des Bandscheibenvorfalls mit den Nerven oder dem Rückenmark, Kraftlosigkeiten oder Lähmungen vorhanden, ist eine sofortige Vorstellung bei der:dem Wirbelsäulen-Spezialist:in notwendig. Dies betrifft auch Fälle längerfristiger Schmerzausstrahlungen in Arme oder Beine sowie Fälle von Schmerzen, die z. B. mit Medikamenten nicht in den Griff zu bekommen sind.
Welche Therapiemöglichkeiten gibt es?
Eine Therapie sollte nicht nur viel nützen, sondern auch wenig schaden. Sofern keine Gefahr im Verzug ist, z. B. durch Brüche oder Lähmungen, sollten zunächst jene Therapien zum Zuge kommen, die keine Einbahnstraße sind; das sind kurzfristig eingenommene Medikamente, Physiotherapie und (sollte das nicht helfen) ggf. auch gezielte Injektionen. Die Operation sollte bei den nicht dringlichen Notwendigkeiten erst am Ende der Therapie stehen. Eine Chronifizierung der Schmerzen (so dass diese dauerhaft bleiben) durch ein Hinauszögern der jeweils sinnvollen Therapie, sollte aber vermieden werden, da derartige Krankheitsbilder nur noch sehr schwer behandelt werden können.
Die Therapie des Schmerzes ist die erste Maßnahme. Neben den verschiedenen Klassen der Schmerzmedikamente, die meist schon hausärztlich zur Therapie einsetzt werden, stehen auch alternative Möglichkeiten (z. B. Akupunktur oder TENS) durch die niedergelassenen Facharztkolleg:innen zur Verfügung, sofern es sich um Verschleißerscheinungen der Wirbelelemente oder Verspannungen der Muskulatur handelt.
Auch die Physiotherapie sollte (außer bei Wirbelbrüchen, Metastasen, Infektionen und frischen Bandscheibenvorfällen) kurzfristig eingesetzt werden. Schmerzlindernde Therapieformen werden hierbei mit aktivierenden Übungen kombiniert. Die Aktivierung der Muskulatur sollte dabei nach entsprechender Anleitung zuhause fortgesetzt werden. Die Osteopathie kann den Erfolg der Therapie ggf. unterstützen.
Gezielte Injektionen kommen dann zum Einsatz, wenn die vorher genannten Therapiemöglichkeiten nicht zu einer Schmerzlinderung geführt haben. Diese Injektionen werden meist mit örtlichen Betäubungsmitteln und unter Röntgen- oder CT-Kontrolle durchgeführt. Damit können Wirbelgelenke, Kreuz-Darmbein-Gelenke und Nerven an der Wirbelsäule angespritzt werden. Je nach appliziertem Medikament können damit im besten Erfolgsfall Schmerzbesserungen von Stunden, Tagen oder auch mehreren Wochen erzielt werden. Eine Besserung der Verschleißerscheinungen selbst ergibt sich dadurch nicht.
Die Zementierung von Wirbelkörpern (genannt Kyphoplastie und Vertebroplastie) ist eine Option, wenn ein Wirbelkörper z. B. durch Osteoporose relativ frisch gebrochen ist oder bedingt durch Metastasen bruchgefährdet ist. Unter röntgenologischer Kontrolle wird bei dieser Methode durch eine dünne Hohlnadel zähflüssiger Knochenzement in den betreffenden Wirbelkörper eingebracht, der dann in den folgenden 15 Minuten aushärtet. Im Falle der Kyphoplastie wird zuvor über dieselbe Hohlnadel Platz für den Zement geschaffen und der Wirbelkörper ggf. sogar wieder teilweise aufgerichtet. Die Zementierung stabilisiert den Wirbelkörper von innen und verringert damit die Wahrscheinlichkeit seines weiteren Zusammenfallens. Darüber hinaus zeigt sich bei der überwiegenden Anzahl der so versorgten Betroffenen eine erhebliche Schmerzerleichterung.
Die Versteifung mehrerer Wirbel ist keine Erfindung der Chirurgie. Die Natur wurde hier als Vorbild genommen. Diese erzielt die Versteifung durch Verknöcherung der Wirbelgelenke und den knöchernen Überbau der Bandscheiben. Instabile Wirbelelemente verursachen häufig Schmerzen. Die Stabilisierung kann hier helfen. Oft wird dabei die technische Stabilisierung (z. B. durch Schrauben und Stäbe oder Platten) mit der biologischen Stabilisierung (z. B. durch Knochenspananlagerung) von zwei oder mehreren Wirbeln kombiniert. Bei Wirbelbrüchen wird diese Methode ebenfalls erfolgreich eingesetzt. Ohne die biologische Versteifung kann es nach der Heilung des gebrochenen Wirbels notwendig werden, in einer weiteren Operation nach mehreren Monaten die Versteifungsimplantate wieder zu entfernen.
Wirbelkörper zu ersetzen kann notwendig werden, wenn sie keinerlei Stabilität für die Säule der anderen Wirbel mehr bieten bzw. wenn sie ausgedehnt infiziert oder tumorös durchsetzt sind. Hierbei werden die Wirbelkörper entfernt und durch Implantate, körpereigenen oder körperfremden Knochen ersetzt. Eine zusätzliche Stabilisierung durch eine Versteifung der Nachbarwirbel ist dabei notwendig. Derartige Eingriffe sind aufwändig und oft mit mehreren Zugängen verbunden (z. B. Versteifung von Rückenseite und Wirbelkörperersatz über die Flanke oder den Bauchraum).
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