30. November 2022
Die meisten Patient:innen bemerken gar nichts. Die Infektion wird festgestellt, wenn ein Test durchgeführt wird, weil die Vermutung besteht, sich mit HIV angesteckt zu haben. Das rührt daher, dass eine akute HIV-Infektion ähnlich einer Virusgrippe verläuft, so dass nach wenigen Tagen keine Beschwerden mehr vorliegen und die Betroffenen vermuten, dass sie sich lediglich erkältet haben.
Wenn Symptome vorliegen, dann sind dies meist Hautausschläge, Lymphknotenschwellungen oder schwer verlaufende Lungenentzündungen mit atypischen Erregern. Diese treten aber erst spät im Verlauf einer HIV-Infektion auf und sind häufig ein Zeichen des Vollbildes „AIDS“.
Das ist sehr variabel. Häufig bemerken die Patienten gar nicht, dass sie eine HIV-Infektion durchgemacht haben, weil die Beschwerden selten schwer und die Symptome unspezifisch sind.
Über Jahre kommt es bei unentdeckten HIV-Infektionen zum zunehmenden Verfall des Immunsystems. Wenn bestimmte Grenzen an funktionsfähigen Abwehrzellen unterschritten werden, mehren sich die Symptome. Zuletzt treten sogenannte AIDS-definierende Erkrankungen wie die Pneumocystis jiroveccii-Pneumonie, Kaposi-Sarkome der Haut oder schwer verlaufende Pilzinfektionen der Lunge oder des Nervensystemes auf. Auch Lymphdrüsenkrebs gehört zu diesen Erkrankungen.
Unbehandelt führt die HIV-Infektion innerhalb von 15 bis 25 Jahren zum Tod. Von der modernen HIV-Therapie wird erwartet, dass sie für eine normale oder fast normale Lebenserwartung sorgt.
Es stehen heute eine Vielzahl von Medikamenten mit unterschiedlichen Wirkmechanismen zur HIV-Therapie zur Verfügung. Stets wird eine Kombination verschiedener Wirkstoffe gewählt, um Resistenzbildungen des Virus vorzubeugen.
Wenn der oder die Betroffene gut mitmacht und keine Varianten vorliegen, die widerstandsfähig sind, ist die Behandlung nahezu nebenwirkungsfrei mit einer Tablette täglich möglich. Dies ist bei den meiten Menschen der Fall. Sie können ein normales Leben führen.
In den seltenen Fällen, in denen eine Virusmutation aufgetreten ist, ist viel Erfahrung und Wissen nötig, um die richtige Kombination an Medikamenten zu finden, die eine ausreichende Unterdrückung der Virusvermehrung erlaubt.
Weiterhin ist eine Heilung trotz berichteter Einzelfälle nicht möglich. Der Therapiestandard ist eine Behandlung mittels zweier oder dreier Medikamente, die die Virusvermehrung an unterschiedlichen Punkten des Replikationszyklus unterbinden. Bevorzugt werden „once-daily“- Medikamente eingesetzt, in denen bereits eine Wirkstoffkombination enthalten ist und die nur einmal am Tag eingenommen werden müssen. Für Patient:innen, die keine Tabletten einnehmen möchten, gibt es seit einiger Zeit die Möglichkeit einer Depot-Injektion, die alle acht Wochen gegeben wird.
Allen modernen Medikamentenregimes gemeinsam ist inzwischen die gute Verträglichkeit, die Meilen von den Nebenwirkungen entfernt ist, die zu Beginn der HIV-Therapie auftraten.
Dr. med. Gerd Deutschinoff ist Oberarzt unserer Klinik für Innere Medizin am AGAPLESION ALLGEMEINES KRANKENHAUS HAGEN.